Auch wenn ich das große Glück habe, an der Ostsee zu leben, kann ich von diesem Meer nicht genug bekommen. Und so lese ich auch mit großer Leidenschaft “Ostsee”-Romane. Drei besondere Exemplare, die ich in diesem Sommer entdeckt habe, möchte ich euch hier ans Herz legen. Helfen ganz bestimmt bei Ostsee-Vermissung.
Die drei Romane auf einen Blick



1. Ostsee-Roman: “Fischers Frau” von Karin Kalisa
“Es war und es war nicht” - dieser Formel spanischer Märchenerzähler hat sich Karin Kalisa anvertraut, als sie den historischen Stoff der Pommerschen Fischerteppiche mit der Lebensgeschichte zweier Frauen verknüpft hat.
Alles beginnt als Museumskuratorin Mia Sund (arbeitet in Greifswald, wohnt in Stralsund!) ein außergewöhnliches Exemplar eines solchen Fischerteppichs zur Begutachtung auf den Tisch bekommt. Dieser ziemlich grüne Teppich, den sie mit einem “irrwitzigen, sich selbst verbergenden Unterwasser-Wimmelbild” vergleicht, bricht ihr streng kontrolliertes Leben auf: Quer durch Europa folgt sie seinen Spuren und macht sich auf die Suche nach der Geschichte seiner Knüpferin, des Fischers Frau Nina…
Eine ganz wunderbare und klug erzählte Geschichte. Ein Must-have für jedes Literaturcafé und jede Buchhandlung an der Ostsee!
2. Ostsee-Roman: “Wellen” von Eduard von Keyserling
Ein Sommer in einem kleinen Fischerdorf an der Ostsee, Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Familie der Generalin von Palikow einerseits und Doralice mit ihrem neuen Mann andererseits und mittenmang sorgen Begehren, Eifersucht und Neid für reichlich Bewegung im Beziehungsgeflecht. Was als sommerliche Idylle beginnt, endet in einer Tragödie.
Ein nachdenklich stimmender Roman, nicht zuletzt durch das vorangestellte Motto, ein Zitat aus Charles Baudelaires Gedicht L’homme et la Mer (Der Mensch und das Meer) aus dem bekannten Zyklus Les Fleurs du Mal: “Verschwiegen beide, dunkel wie die Nacht: / Mensch, wer kann deine Tiefen je ergründen, / Meer, wer kann deinen innern Reichtum finden, / Da ihr Geheimnisse mit Eifersucht bewacht!”
Wusstet ihr, dass Eduard von Keyserling diesen Roman - wie einen Großteil seines erzählerischen Werks - nach dem Verlust seines Augenlichts geschrieben hat? Er hat die Texte seinen ebenfalls schriftstellerisch tätigen Schwestern Elise und Henriette diktiert. Wie schwierig und anstrengend das gewesen sein muss, aber auch welche Gedächtnisleistung das erfordert - einfach unglaublich!
3. Ostsee-Roman: “Das perfekte Grau” von Salih Jamal
Das perfekte Grau - ein Sommerroman? Und was für einer! Salih Jamals rätselhafter Titel bezieht sich nämlich nicht auf die Wetterlage; es geht vielmehr um die Grautöne der menschlichen Existenz: “Denn zwischen dem reinsten Weiß und unserem vollkommensten Schwarz liegen Millionen Stufen von Grau. (...) einige von ihnen sind für andere das perfekte Grau.” In der Akzeptanz dieser grauen Töne - der Makel, der Schattenseiten - liegt die besondere Verbindung der vier Protagonisten Mimi, Novelle, Rofu und Dante. Diese vier treffen in einem heruntergekommenen Ostseehotel aufeinander, in dem sie als Aushilfen arbeiten. Nach einem einschneidenden Zwischenfall ergreifen sie gemeinsam die Flucht ins Ungewisse: Es beginnt eine abenteuerliche Reise quer durch Mecklenburg-Vorpommern, über Berlin nach Süddeutschland mit kurzen Zwischenstop in Salzburg. Das Ende des Romans geht unter die Haut und lässt einen nachdenklich zurück.
Ich habe Das perfekte Grau als unterhaltsame Sommerlektüre mit Tiefgang empfunden, bei der du selbst entscheidest, wie tief du gehst.
Mehr Romane gegen Ostsee-Vermissung?
Wollt ihr mehr Romane gegen Ostsee-Vermissung? Oder habt ihr selbst Buchtipps zum Thema? Dann schreibt mir!
Ich freue mich sehr von euch zu hören.
Ahoi,